Alt Rehse

Alt Rehse

Ein Dorf am Ufer des schönen Tollensesees, unweit von Neubrandenburg. Hingefahren wäre ich wohl nicht, hätte nicht der Dumont-Kunstreiseführer Mecklenburg-Vorpommern das Dorf erwähnt. Mit wenigen Worten ist Alt Rehse dort beschrieben: »… lohnt Alt Rhese einen Besuch, das die Nationalsozialisten 1934-36 schleiften und als Musterdorf wieder aufbauten. Nach einheitlichem Plan entstanden 22 rohrgedeckte Einzel- und Doppelfachwerkhäuser mit Backsteinausfachung. In die Querbalken sind die Namen der nationalsozialistischen Gaue, die für die Häuser Geld spendeten, und das Baujahr eingekerbt, z.B. ‚Hessen im 5. Jahr‘: Die Zählung beginnt mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten.«

Alt Rehse

Dass das nur ein Bruchteil der Geschichte ist, erfahre ich erst später, und so laufe ich nur ein wenig – immer wieder vor Regenschauern ins Auto flüchtend – im Dorf auf und ab, dessen Häuser von schönen Gärten umgeben sind und das mehrfach am Wettbewerb »Unser Dorf soll schöner werden« teilgenommen hat und 1995 dabei auch eine Bronzemedaille errang. Alles sehr gepflegt hier, geradezu idyllisch.

Der zwischen Dorf und See liegende Park samt Schloss entgeht mir dabei völlig. Dabei macht gerade er einen wesentlichen Teil der Geschichte aus. Der Park, der zu den schönsten Mecklenburg-Pommerns gehören soll, das Schloss und das Gut – seit Ende des 19. Jahrhunderts Eigentum des Freiherrn Ludwig von Hauff – wurden 1934 enteignet. Neuer Besitzer des Parks wurde der Hartmannbund, der darauf die »Führerschule für Deutsche Ärzte« anlegte. Zwischen 1935 und 1943 wurden rund 20.000 Ärzte in NS-Rassenlehre geschult und in der grundlegenden Ideologie für die »Vernichtung lebensunwerten Lebens« unterrichtet – die Schule war das geistige Zentrum des Euthanasie-Programms der Nationalsozialisten.

Nach dem Ende des NS-Regimes war im Park vorübergehend ein Kinderdorf eingerichtet, ab 1958 war die Nationale Volksarmee Hausherr, von der die Bundeswehr das Gelände übernahm. 1998 wurde der Park dann verkauft, seitdem wird hier der Tollense-Lebenspark eingerichtet. Seit 2006 ist der Park damit erstmals seit langer Zeit für die Öffentlichkeit wieder zugänglich.

Der komplexen und schwierigen Geschichte Alt Rehses kann die Kürze eines Blog-Beitrags nicht gerecht werden, wer mehr erfahren will, konsultiere zum Beispiel die oben angegeben Homepage der Gemeinde, einen Zeit-Artikel oder die private Homepage von Wolfgang Köpp, einem ehemaligen Bürgermeister von Alt-Rehse (dessen Sichtweise ich aber in vielen Bereichen nicht teile).

Ich glaube, ich muss noch einmal nach Alt Rehse fahren.


Landkreis Müritz, 17217 Alt Rehse
www.altrehse.de

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2 Antworten auf „Alt Rehse“

  1. Ich kenne diesen Ort aus eigenem Erleben.Habe im ehemaligen Kinderdorf eine
    schöne Kindheit gehabt ,die Natur genossen und im See geangelt und gebadet.Das Schloss war unsere Schule – das Angebot für die Freizeit war ausgezeichnet.Die Lebensverhältnisse unvergeßlich – habe meine Eltern im zweiten Weltkrieg verloren
    und habe in diesem Ort meine zweite Familie gefunden.Gerne erinnere ich mich
    dieser schönen Kindheit.Der Diskusion über unzumutbare Zustände in Kinderheimen
    kann ich mich nicht anschließen.Gerne würde ich diese schöne Kindheit noch
    einmal erleben.Mein Wunsch: Diesen Ort noch einmal sehen.
    Es wäre für mich interessant , wenn ich einiges Bildmaterial erhalten würde.

  2. hallo,
    auch ich habe mit meiner familie in diesem schönen dorf gewohnt.
    habe so wie ich es für mich sagen kann meine schönste kindheit dort verbracht.
    zwischendurch war ich mit meinen kindern schon mal auf ein besuch da gewesen und dieses jahr beim nächsten besuch werde ich mein enkelkind mitbringen.
    ich freue mich dieses dorf wieder besuchen zu dürfen, was für mich viele angenehme erinnerungen hinterlassen hat.

    also, bis auf ein wiedersehen im schönen Alt Rehse!
    lg andrea wey

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